Schreiben, was man so fühlt

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Ein gewalttätiger Vater, eine passive Mutter, und auch die anfangs von gute Beziehung zum Bruder geht in die Brüche: Es gibt nur wenige tröstliche Stellen in Kerstin Preiwuß‘ Roman Restwärme.

Marianne kehrt zur Beerdigung ihres Vaters noch einmal in ihr Heimatdorf und zu ihrer Mutter zurück. Eigentlich hat sie mit ihrer Vergangenheit längst abgeschlossen, wenn da nicht die Geschichten wären, die sich wieder in den Vordergrund drängen.

Eine Art des Umgangs der Erzählerin mit der geradezu erstickenden Atmosphäre, die sie umgibt, ist das Streifen durch die Natur rings um ihr Elternhaus: Klar, kalt und ruhig bildet sie das Gegengewicht zu den aufwühlenden Erinnerungen. Eine andere ist das Aufschreiben selbst. Das wird klar in einer Episode, als es um ein Tagebuch geht, das Marianne, frisch verliebt, anlegt, und es ist vielleicht die schönste Stelle im ganzen Roman:

Sie will etwas schreiben, etwas von sich. Lange sitzt sie so da, bis ihr die Ellenbogen schrundig werden, aber nichts kommt. Irgendwann senkt sie den Stift, schreibt, stockt, streicht durch, schreibt. Was man so fühlt. Das ist neu. Die Welt wird veränderbar.

Und darin steckt auch die Besonderheit dieses Romans, die ihn auch mit dem vorangegangenen Gedichtband Rede verbindet: Die Betonung des Aufschreibens, Artikulierens, das Aufnehmen des Schaffensprozesses in die Erzählung selbst. The Daily Frown meint: Trotz Trauma – lesenswert!

Kerstin Preiwuß: Restwärme. Berlin Verlag, 224 Seiten, 18,99 €

Buchpremiere in Berlin am 21. August 2013, 20:30 Uhr, ocelot, not just another bookstore