
Teil 3 (S. 353-520): From Florida with Love
Dass die Welt, wie wir sie durch die Augen Peter Benders sehen, sich nicht in einen konventionellen Erzählungsverlauf fügt, sollte wohl mittlerweile klar sein. Die Episoden aus seinem Leben, seine Gedanken und Theorien sind nur lose in den Verlauf der Geschichte eingebettet, die sich unaufhaltsam in Richtung einer Katastrophe entwickelt – um so viel schon vorwegzunehmen. Das letzte Drittel des Romans beginnt mit einer Überstellung Benders aus der Haft in eine Nervenklinik, wo er es schafft, die Gunst eines jungen Arztes zu erlangen, der ihm empfangsbereit für seine ungewöhnlichen Denkwege scheint. Charlotte richtet einen Brief an den Leiter der Klinik, in dem sie leidenschaftlich für ihren Mann argumentiert – tatsächlich scheint sie Erfolg zu haben: Bender wird entlassen und kehrt nach Hause zurück. Die wirtschaftlichen Probleme halten jedoch an, verschärfen sich sogar: Die Bender sehen sich gezwungen, nach Frankfurt zu ziehen, Bender ist enttäuscht über den ausbleibenden Erfolg seiner Arbeit, sein Buch ist nicht mehr erhältlich, seit der Verlag in Konkurs gegangen ist, auch ein Wiedersehen mit Johannes Lang, der inzwischen einen Schüler hat, der ihn verehrt, bringt ihn nicht weiter. Einzig die Korrespondenz mit Harry Manley von der Koresh-Gemeinde in Florida sorgt für Lichtblicke. Schweren Herzens geht Bender also wieder auf Stellensuche und wird bei einem Institut für junge Frauen fündig, dessen Leiterin Hedwig Michels sowohl von den Referenzen Benders als auch von seiner Persönlichkeit beeindruckt ist: Sie ist empfänglich für seine Ideen, auch erotisch beginnt es zwischen den beiden bald zu knistern. Währenddessen wird für Charlotte das Leben immer härter: Selbst Frisörbesuche sind für Juden nun nicht mehr erlaubt, weswegen sie dafür zu einer Nachbarin geht. Jedes Geräusch von der Straße, jede nebenbei gemacht Bemerkung bergen Gefahren. Eine Ausreise bleibt der einzige Ausweg, und während Bender sich immer mehr in die Idee verstrickt, er sei letztlich die Reinkarnation von Koresh Teed, eilt Charlotte von Reisebüro zu Reisebüro. Letztlich ist es aber Hedwig, der die Flucht aus Europa gelingt, bei der ihr Bender sogar behilflich ist. Sie steuert die Koresh-Gemeinde in Florida an, von der sich Bender bald alleine gelassen fühlt. Bombenalarme halten Frankfurt in Atem, immer wieder müssen die Bewohner in die Luftschutzkeller flüchten. Zuletzt ist es aber die Denunziation durch einen Sprachschüler, die das Schicksal Peter Benders besiegelt: Er wird verhaftet und wenig später im KZ Mauthausen ermordet. Seiner Frau Charlotte gelingt es noch eine Weile, sich zu verstecken, aber auch sie erlebt das Ende des Kriegs nicht mehr, sondern stirbt im KZ Auschwitz. Ein furchtbares Ende – das Setz wohl ein klein wenig abmildern will, wenn er im letzten Absatz eine Art Epilog anhängt, in dem der Journalist und Volkskundler Carl Carmer nach Kriegsende in Florida auf eine gewisse Hedwig Michel stößt, die sich um die letzten, steinalten Mitglieder der Koresh-Gemeinde kümmert. Die Flucht in Europa und die Nachricht vom Tod Peter Benders lassen sie nicht verzagen: Die Menschheit wird die wahre Lehre noch erfahren. In der Zukunft werden wir alle in der Hohlwelt leben.
Lieblingszitate:
„Seine Schritte klangen erstaunlich laut im frischen Schnee, kchrm kchrm kchrm, das Schlaraffenlandgeräusch mampfender Mäuler.“ (S. 373)
„Nichts ist so frei wie Monde vor der Landung.“ (S. 423)
„In den Nächten besuchte ihn nun oft ein Propeller.“ (S. 442)
„Ein jedes Haus sieht aus, als summte es Beethoven.“ (S. 503)